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Corona – aktuelle Probleme, langfristige Folgen

Wie hat sich die Pandemie bisher auf die Mitgliederentwicklung in Ihren Vereinen ausgewirkt?

Die Mitgliederentwicklung in den Vereinen ist leicht rückläufig. Die Unwägbarkeiten hinsichtlich der Länge und Ausgestaltung des Lockdowns haben einige Mitglieder ‚präventiv‘ kündigen lassen. Jedoch ist die Situation für die Schwimmvereine noch nicht existenzgefährdend. Bisher verhält sich ein Großteil der Mitglieder sehr solidarisch, was uns hoffen lässt, aus dieser Krise mit einem blauen Auge davonzukommen.

Was sind die größten Sorgen, die aus den Vereinen an Sie herangetragen worden sind?

Die größte Sorge gilt sicherlich den zu erwartende Schwierigkeiten in der Nichtschwimmerausbildung. Viele Kinder werden im Januar neu anfangen müssen, da die im August bis Oktober erlernten Fähigkeiten an Land nicht konserviert werden konnten. Außerdem verlängern sich die Wartelisten für die nächsten Jahre. Des Weiteren leidet der mannschaftliche Zusammenhalt in den Breitensportgruppen. Im Frühjahr und Sommer sind die Vereine auf die Sportplätze ausgewichen, was die negativen Effekte des Lockdowns in dieser Hinsicht erheblich mildern konnte. Gemeinschaft ist eines der wichtigsten Motive für die Teilnahme am organisierten Sport. Für die Leistungssportler ist diese Zeit besonders hart. Ein kontinuierlicher Leistungsaufbau ist durch Corona unmöglich geworden und die bereits investierte Arbeit bleibt mangels Wettkampfs ohne Ertrag. Schwimmsport ist sehr trainingsintensiv. Insofern bedeuten die Einschränkungen eine erhebliche Störung der alltäglichen Lebensweise, was mental nicht ohne Folgen bleibt. Eltern aller Vereine klagen darüber, dass die Kinder körperlich nicht mehr ausgelastet werden, ein Umstand, welcher auch das Nervenkostüm der Erziehungsberechtigten belastet.

Welche Hilfen konnten Sie den Vereinen in der Phase der teilweisen Wiederzulassung von Sport schon leisten und was können Sie in Zeiten eines Lockdowns tun?

Gegenwärtig können wir leider wenig tun. Die Vereine stampfen zusätzliche Online-Angebote aus dem Boden, und erreichen damit zumindest die älteren Jahrgänge mit mobilen Endgeräten. Der Stadtschwimmverband konnte im Frühjahr und Sommer die organisatorischen Herausforderungen um Hygienekonzepte und Wasserzeiten mit Hilfe der Vereine und Stadtwerke gut bewältigen. Die Krise hat uns gezeigt, dass wir miteinander stärker sind. Wir nutzen den Leerlauf gerade für einen Verbands-Workshop mit den Vereinen, um die zukünftige Zusammenarbeit weiter zu verbessern.

Sind Sie wegen Corona in deutlich engerem Kontakt mit den Vereinen? In welcher Form? Hat Ihr Verband einen Corona-Beauftragten?
Klares Ja! Wir schreiben, telefonieren und zoomen häufiger. Der Vorstand des Stadtschwimmverbandes hat sich bezüglich Corona nochmal neu organisiert.

Welche Auswirkungen fürchten Sie für Ihren Sport an der Basis in den Vereinen? Gibt es Tendenzen in Richtung eines – vielleicht sogar dauerhaften – Rückzugs vom Sport und vom Verein?

Vor dieser Entwicklung haben wir tatsächlich Angst. Organisierter Sport im Verein hält fit und gesund. Normalerweise treffen sich die Kinder und Jugendlichen wöchentlich oder gar täglich zum gemeinsamen Üben. Hier wird ein gesunder und sozialer Lifestyle inkorporiert, der Sportlerinnen und Sportler stark für die Zukunft macht und das Gesundheitssystem nachhaltig entlastet. Nun verbringen die Wassersportlerinnen ihre Tage gezwungenermaßen bewegungsärmer und mit weniger sozialen Kontakten, ohne dass sich negative Effekte gleich bemerkbar machen. Das Zeitbudget der Eltern wird eventuell durch wegfallende Fahrdienste sogar entlastet. Vordergründig ist das also erstmal nicht so schlimm. Das dicke Ende kommt allerdings, wenn dieser Zustand auch nach dem Lockdown zur Routine wird. Bewegungsmangel und Einsamkeit sind Gefahren für Leib und Leben. Die Sportvereine stemmen sich gegen diese Entwicklung, aber ob es eine Tendenz Richtung Rückzug gibt, wird sich in den nächsten Monaten zeigen. Hier könnte die Politik unterstützen und Mitgliedsbeiträge für eine begrenzte Zeit subventionieren.

Wie wirkt die Corona-Pause auf die Motivation von aktiven Sportlern (Kinder, Jugendliche und Erwachsene) und von Funktionären und Übungsleitern?

Kinder und Jugendliche haben unter den Einschränkungen am meisten zu leiden. Für erwachsene Mitglieder, Übungsleiterinnen oder Funktionärinnen hat Corona ebenfalls einiges durcheinandergebracht. Der Stadtschwimmverband Osnabrück zeigt Verständnis für die gegenwärtigen Maßnahmen und Einschränkungen zu Gunsten der Risikogruppen und des Gesundheitssystems. Gleichwohl – das Durchschnittsalter der Osnabrücker Vereinsschwimmerinnen liegt bei ungefähr zehn Jahren – sind wir der Auffassung, dass, wenn die Gesundheitskrise endlich überwunden ist, die nachfolgende, junge Generation an Sportlerinnen und Sportlern unsere volle Aufmerksamkeit und Unterstützung benötigt, damit die erfahrenen Entwicklungsnachteile kompensiert werden können. Wir werden vor allem die Kinder und Jugendlichen dazu animieren müssen, die Angebote der Schwimmvereine zu nutzen, was bedeutet: Schwimmen zu lernen, wassersicher zu werden und um die Wette zu schwimmen, sei es in breiten- oder leistungssportlicher Weise.

Welche wirtschaftlichen Folgen hat die Pandemie für die Vereine? In welchem Ausmaß können Sie im Fall von Mindereinnahmen unterstützen?

Der Stadtschwimmverband Osnabrück verfügt über keine nennenswerten finanziellen Eigenmittel.
Da die größten Kostenpunkte Wasserfläche und Übungsleiterentgelte gegenwärtig entfallen, sind die wirtschaftlichen Folgen bislang überschaubar. Allerdings fallen durch die Pandemie Wettkämpfe aus, deren Einnahmen bisher wesentlich zur Finanzierung des Vereinsgeschehens beitrugen. Wenn die Mitglieder der Osnabrücker Schwimmvereine weiterhin tapfer bei der Stange bleiben, und auch ein reduziertes Angebot für eine Weile akzeptieren, wird Corona nicht allzu heftig ins Kontor schlagen. An dieser Stelle können wir als Vertreter nur für noch ein wenig Geduld werben und uns für die Solidarität bedanken. Sorgen machen uns, wie gesagt, die möglichen langfristigen Entwicklungen und Verhaltensänderungen hinsichtlich des Sports, für die Corona ein Katalysator zu sein scheint.

Wie wirkt sich aus, dass Ihr Sport und Ihre Vereine in der Öffentlichkeit weitaus weniger wahrgenommen werden, weil es kaum noch Veranstaltungen gibt?

Als Schwimmerinnen und Schwimmer sind wir es gewohnt, eher selten im Rampenlicht zu stehen. Allerdings wurden die Erfolge und Veranstaltungen der Osnabrücker Schwimmvereine bislang regelmäßig in der Lokalpresse dokumentiert. Da gegenwärtig sportlich nichts Wesentliches passiert, sind wir über jede Gelegenheit froh, ein Lebenszeichen von uns zu geben. Der internationale Schwimmsport hingegen begeisterte in den letzten Wochen. Die ISL (International Swimming League) richtete einen hochkarätig besetzten Teamwettkampf auf der Kurzbahn aus. Hier konnten die Profischwimmerinnen zeigen, wie beflissen sie – eigentlich für Olympia – in den letzten vier Jahren trainiert haben. Auch die deutschen Teilnehmer konnten mit nationalen Kurzbahnrekorden glänzen und lassen auf Tokio 2021 hoffen. Wer erfahren möchte, wie cool Schwimmen sein kann, sollte sich auf Youtube die ISL-Wettkämpfe anschauen.

Was bekommen und was erwarten Sie von Ihrem Landes- und Bundesverband sowie von den Dachverbänden des deutschen Sports an Hilfe, Beratung, Unterstützung?

Die Fach- und Spitzenverbände auf lokaler, regionaler und Bundesebene tun, was sie können. Schon zu Beginn der Krise hat der SSB Anstrengungen unternommen, um die Folgen der Corona-Pandemie für die Vereine zu mildern und hat umfassend informiert. Für die meisten Ersatz- und Onlineangebote wurden und werden Fördermittel bereitgestellt. Der DOSB hat zusammen mit dem TÜV Rheinland ein Konzept erarbeitet, welches uns hoffentlich noch ein paar Übungsstunden und vor allem die Ausrichtung von Veranstaltungen und Wettkämpfen ermöglicht, bis der Impfstoff Wirkung zeigt.

Max Kofler – Schwimmwart im Stadtschwimmverband Osnabrück
mit Genehmigung des Vorstandes

26.11.2020